MdEP Manuela Ripa zu Ursula von der Leyens Rede zur Lage der Europäischen Union

Ripa: „Gute Ansätze, aber viele wichtige Themen ignoriert“

(Straßburg/14.09.2022) Heute hielt die EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen vor dem Europäischen Parlament ihre jährliche Rede zur Lage der Europäischen Union. Zu Beginn begrüßte sie die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska, die im Parlament anwesend war. Von der Leyen betonte, dass derzeit viel auf dem Spiel stehe, für Europa und die Welt. Es gehe um den Wettbewerb zwischen Autokratie und Demokratie. Manuela Ripa, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), begrüßt die Solidaritätsbekundungen gegenüber der Ukraine: „Von der Leyen weist zurecht darauf hin, dass die Sanktionen gegen Russland das Land bereits erheblich schwächen. Es ist deshalb ein wichtiges Zeichen, dass sie betont hat, dass die Sanktionen nicht gelockert werden, solange die russische Aggression bestehen bleibt. Auch dass der Ukraine der Zugang zum EU-Binnenmarkt geebnet werden soll, ist wichtig, damit das Land sich ökonomisch stabilisiert.“

Was die explodierenden Preise für Energie anbelangt, so ist das angekündigte Abschöpfen der übermäßigen Gewinne von Energiefirmen ein wichtiger Schritt, um Unternehmen und Privatpersonen zu entlasten. Diese Maßnahme wird voraussichtlich 140 Milliarden Euro für die Mitgliedstaaten bringen. Außerdem soll der Wandel hin zu Erneuerbaren Energien beschleunigt werden, um sich aus der Abhängigkeit von Energieimporten zu lösen. Allerdings kritisiert Manuela Ripa, dass die EU-Kommission schon viel früher die Erneuerbaren viel stärker hätte fördern müssen: „Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine macht nun möglich, was die Bedrohung durch den Klimawandel nicht geschafft hat, nämlich ein Beschleunigen der Energiewende. Von der Leyen sagte in ihrer Rede zurecht, dass es ein Fehler war, sich nach der Ölkrise der 70er Jahre nicht stärker von den fossilen Brennstoffen zu lösen. Man muss sich allerdings fragen, wer die vergangen Jahre und Jahrzehnte regiert hat. Von der Leyen war in Deutschland Teil einer von der CDU geführten Regierung, die die Energiewende ausgebremst hat, wo es nur ging. Dabei hat der ‚Club of Rome‘ schon vor 50 Jahren auf die Probleme der massiven Rohstoffverschwendung hingewiesen und ein Umdenken angemahnt.“

Die Europaabgeordnete hofft, dass die Politik beim grünem Wasserstoff, der Teil der Energiewende ist, nicht wieder ähnlich verschlafen agiert. Deshalb ist es positiv zu bewerten, dass von der Leyen angekündigt hat, im Rahmen eines „Grünen Pakts für Europa“ drei Milliarden Euro in den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur zu investieren und Angebot und Nachfrage mittels einer Wasserstoffbank in Einklang zu bringen. Dem müssen jetzt aber auch Taten folgen.

Was die Handelspolitik anbelangt, so begrüßt die ÖDP-Politikerin die Aussage der Kommissionpräsidentin, dass die EU sich zukünftig verstärkt um Handelsbeziehungen mit demokratischen Staaten bemühen will. Was die Verhandlungen zu neuen Freihandelsverträgen anbelangt, die von der Leyen angekündigt hat, müsse man aber sehr genau hinschauen, ob dadurch demokratische Grundwerte nicht ausgehöhlt werden, so Ripa: „In Verträgen wie CETA oder TTIP wurden die Rechte von Arbeitnehmer*innen und Verbraucher*innen eher beschnitten als gefördert. Auch Umweltstandards drohte eine Absenkung. Das ist aber nicht akzeptabel, genauso wenig wie das Etablieren einer Paralleljustiz, wie sie mit den intransparenten Schiedsgerichten vorangetrieben wurde. Wir dürfen unsere hohen Standards und insbesondere das Vorsorgeprinzip nicht auf dem Altar eines angeblich selig machenden Freihandels opfern. Wir brauchen einen Fairhandel anstatt eines Freihandels!“

Das Fazit der Europaabgeordneten zu Ursula von der Leyens Rede fällt deshalb gemischt aus: „Die Rede zeigte einige gute Ansätze, aber viele wichtige Themen wurden leider ignoriert. Die Gefahren des Klimawandels, derer wir uns in diesem Sommer wie vielleicht noch nie zuvor gewahr wurden, kamen nur am Rande vor. Und ein essenzielles Thema wie das Artensterben sprach sie nicht einmal an. Auch wenn auf dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und die damit verbundene Energiekrise derzeit das Hauptaugenmerk liegt, dürfen wir aber nicht das große Ganze aus dem Blick verlieren. Wir brauchen europäische Lösungen für eine lebenswerte und gerechte Gesellschaft, damit die EU und die Demokratie insgesamt nicht ihre Legitimation verlieren“, so Manuela Ripa.