Flächenfraß: Bundesregierung zementiert mit Beton-Paragraphen Bauvorhaben zulasten von Bürgerbeteiligung und damit Naturschutz

Jeden Tag wird in Deutschland eine Fläche von 56 Hektar für Siedlungen und Infrastruktur bebaut – das entspricht etwa 79 Fußballfeldern. Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung, diesen Flächenfraß ab 2020 bei unter 30 Hektar zu halten ist dementsprechend gescheitert und wurde auf 2030 verschoben. Dass die Bundesregierung auch ihr langfristiges Ziel, den Zielsetzungen der EU-Kommission zu folgen und bis 2050 einen netto-Null Flächenverbrauch zu erreichen, nicht ernst zu nehmen scheint, zeigt die geplante Gesetzesänderung des sog. Beton-Paragraphen.

Wir dürfen auf keinen Fall hinnehmen, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern so konsequent ausgeklammert wird. Der rasante Flächenfraß hat verheerende ökologische und soziale Konsequenzen.

Denn ein Grund für das Scheitern der Flächensparziele ist der Paragraph 13b des Baugesetzbuches, der ursprünglich nur als Übergangslösung schnell und unkompliziert günstigen Wohnraum in Ballungsgebieten schaffen sollte. Zunächst bis Ende 2019 geplant, schränkte Paragraph 13b unter anderem die Bürgerbeteiligung bei der Neuausweisung von Bauflächen ein und setzte das Naturschutzrecht in der Bauplanung außer Kraft. Nun soll der Paragraph dauerhaft in das Baugesetzbuch aufgenommen werden. Ein Freifahrtschein, um die Beteiligung der Öffentlichkeit zu umgehen und den Schutz von Böden und Biodiversität auszuhebeln.

„Was eigentlich der städtischen Entwicklung zugutekommen sollte, hat sich als Katalysator für die Flächenversiegelung in Deutschland entpuppt. In über 80 Prozent der Bauvorhaben unter Paragraph 13b wurden lediglich Ein- und Zweifamilienhäuser auf grünen Wiesen gebaut. Damit hat dieses Gesetz ganz klar das Ziel verfehlt und hilft praktisch nicht, unseren Wohnraummangel zu bekämpfen. Vielmehr beschleunigt Paragraph 13b die Zerstörung wertvoller und ohnehin schon knapper Naturflächen“, sagt Manuela Ripa, Europaabgeordnete der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP). „Wir dürfen auf keinen Fall hinnehmen, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern so konsequent ausgeklammert wird. Der rasante Flächenfraß hat verheerende ökologische und soziale Konsequenzen: Wichtige Lebensräume und Ackerland werden dauerhaft zerstört, lebensnotwendige Biodiversität wird weiter dezimiert und die Entwicklung von Stadt- und Siedlungskernen wird immens geschwächt. Die Bebauung von frischen Flächen muss also äußerst sparsam und nur unter vorsichtiger Abwägung geschehen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist dabei zentral – so sieht es das Baugesetzbuch ja eigentlich auch vor“, unterstreicht Ripa und sagt abschließend: „Den Paragraphen dauerhaft in das Baugesetzbuch aufzunehmen, widerspricht nicht nur den Nachhaltigkeitszielen der Bundesregierung, sondern auch der Verpflichtung zur Flächensparsamkeit im Baugesetz selbst. Darüber ist der Wegfall der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht mit geltenden EU-Richtlinien zu vereinbaren. Ich kann mich nur dafür aussprechen, den Paragraphen 13b ersatzlos aus dem Baugesetzbuch zu streichen. Wir müssen uns stattdessen endlich darauf fokussieren, brachliegende Flächen neu zu nutzen.“