02 Feb. EU-Taxonomie: EU verliert Glaubwürdigkeit
Brüssel, 02.02.22. Heute hat die EU-Kommission die letzte Fassung des delegierten Rechtsakts über die umstrittene Taxonomie veröffentlicht und stuft damit Gas und Atomkraft endgültig als nachhaltige Investition ein. „Damit bricht die EU und allen voran Ursula von der Leyen ihr eigenes Versprechen des European Green Deal – dieser delegierte Akt der Taxonomie stellt eine Abkehr von echter Nachhaltigkeit und dem 1,5-Grad-Ziel dar“, äußert sich Manuela Ripa von der ÖDP bestürzt.
Mit der Taxonomie will die Europäische Kommission eine gemeinsame Definition dafür vorlegen, welche Energiequellen im Rahmen ihres grünen Kennzeichnungssystems für Investitionen im Energiesektor als nachhaltig eingestuft werden können. Die Folge: Milliarden von Euro an privaten Investitionen werden künftig in fossiles Gas und Atomkraft fließen, statt in erneuerbare Energien. „Das ist eine Katastrophe: Fossiles Gas und besonders Atomenergie sind nicht grün! Atomkraft als einfacher Weg aus der Klimakrise ist ein Nullsummenspiel. Sie ist teuer, kommt mit erheblichen Sicherheitsrisiken und für die Endlagerung gibt es immer noch keine Lösung – weltweit gibt es kein einziges sicheres Endlager für Atommüll“, fasst die EU-Abgeordnete die Krux zusammen. Auf das Argument, man bräuchte Atomenergie um den Klimawandel zu stoppen, kontert Ripa: „Derzeit sind weltweit gut 400 Reaktoren in Betrieb. Um 30 % der weltweit nötigen Energie mit Atomkraft herzustellen, müssten 5.000 Kernkraftwerke zusätzlich gebaut werden. Selbst wenn man diese wahnwitzige Unternehmung wagen würde, wäre der Kampf ums Klima bis zur Fertigstellung der Reaktoren längst verloren.“ Statt dem Ruf der Atomlobby zu folgen, fordert die ÖDP-Politikerin, die Gelder in erneuerbare Energien zu investieren. Diese können unendlich saubere Energie liefern und sind damit die nachhaltige Möglichkeit, die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.
Auf die Veröffentlichung des delegierten Rechtsakts folgt nun eine vier- bis sechsmonatige Prüfungsphase durch Rat und Parlament. „In den nächsten Wochen werde ich gemeinsam mit meiner Fraktion Greens/EFA versuchen, eine Blockademehrheit im Parlament zu finden – viele meiner Kolleginnen und Kollegen, auch von anderen Fraktionen, sind alles andere als zufrieden mit dem Vorschlag der Kommission“, erklärt Manuela Ripa das weitere Vorgehen. Um den delegierten Rechtsakt zu blockieren ist eine absolute Mehrheit im Europäischen Parlament notwendig. Auch der Europäische Rat kann den delegierten Rechtsakt noch torpedieren: Dafür müssen mindestens 20 Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren, Einspruch erheben – ein Szenario allerdings, das angesichts der Unterstützung des Vorschlags von Schwergewicht Frankreich mehr als unwahrscheinlich ist.
Falls es Parlament und Rat nach Ablauf der Prüfungsfrist nicht gelingt die notwendigen Mehrheiten zu erzielen, tritt der (ergänzende) delegierte Rechtsakt in Kraft und gilt. Danach liegt das Klimaschicksal in den Händen einzelner Mitgliedstaaten wie Luxemburg und Österreich, welche bereits angekündigt haben, gegen den delegierten Rechtsakt zu klagen.